Woraus besteht Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) nun eigentlich konkret? Was sollte mitgedacht werden?
Beim BGM gibt es unterschiedliche Ansatzpunkte und Sichtweisen und deshalb auch verschiedene Abbildungen und Schwerpunkte.
Unser hier abgebildetes Haus stellt dar, wie wir bei BGM vital Betriebliches Gesundheitsmanagement verstehen:
Erkunden Sie die Elemente des BGM-Hauses und erfahren Sie mehr zum Zusammenspiel aus Fundament und Säulen.
Entscheiden Sie sich damit für mehr Gesundheit.
Die Säulen stellen die Teilbereiche von BGM dar. Während sie alle auf die Gesundheit der Beschäftigten eines Unternehmens abzielen, hat jeder Teilbereich seine eigenen spezifischen Ziele und Elemente. Gleichzeitig sollten die Aktivitäten in den verschiedenen Säulen gut aufeinander abgestimmt sein.
Das Fundament des Hauses steht für die Elemente, die in der Konzeption eines BGMs sowie der Planung, Umsetzung und Evaluation von Maßnahmen unbedingt mitgedacht werden sollten. So kann sichergestellt werden, dass die Maßnahmen der einzelnen Säulen des BGM auf die tatsächlichen Bedürfnisse aller Beteiligten abgestimmt sind und gut angenommen werden.
Arbeitsschutz
Ziel: Gesundheitsgefährdungen, Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten vermeiden.
Maßnahmen: Gefährdungsbeurteilungen (physisch und psychisch), Bereitstellung von Schutzausrüstung, Planung und Gestaltung von Arbeitsabläufen/ Arbeitsinhalten/ Arbeitsplätzen/ Arbeitsmitteln.
Laut Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) verpflichtend für Arbeitgebende und Arbeitnehmende, wird von Aufsichtsbehörden und Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung überprüft.
Arbeitsmedizinische Vorsorge
Ziel: Gesundheitsgefährdungen, Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten vermeiden – auf individueller Ebene.
Maßnahmen: Gefährdungsbeurteilungen (physisch und psychisch), Vorsorgeuntersuchungen und individuelle ärztliche Beratung durch Betriebsärzt:innen.
Pflicht für bestimmte Aufgabenbereiche/Tätigkeiten entsprechend der „Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge“ (ArbMedVV).
Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)
Ziel: Personen, die längere Zeit arbeitsunfähig waren, wieder integrieren und dabei die Arbeitsumgebung und Arbeitsabläufe so gestalten, dass die betreffende Person nicht erneut arbeitsunfähig wird.
Maßnahmen: Ablaufplan zur stufenweisen Unterstützung Beschäftigter nach längerer Arbeitsunfähigkeit beim Wiedereinstieg in den Berufsalltag; Mitarbeiter:innengespräche.
Pflicht für Arbeitgebende seit 2004 nach Neuntes Sozialgesetzbuch (SGB IX)9, §167. Freiwillige Teilnahme für Beschäftigte.
Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF)
Ziel: Förderung und Erhaltung der Gesundheit aller Beschäftigten.
Maßnahmen: Verhältnisprävention – gesundheitsfördernde Gestaltung der Arbeit und der Arbeitsbedingungen.
Verhaltensprävention – Stärkung der Bewältigungsmöglichkeiten, der Widerstandsressourcen und der (Gesundheits-)Kompetenzen der Beschäftigten.
Freiwillig – und sehr lohnenswert!
Personalmanagement
Ziel: Koordination des BGM-Ablaufes für ein erfolgreich und nachhaltig wirksam gestaltetes BGM.
Maßnahmen: Berücksichtigung von Gesundheitsaspekten in der Beurteilung und Auswahl von Beschäftigten und Führungskräften sowie bei der Formulierung von Personalzielen und -politik, gesundheitsfördernde Personalpolitik und Führungskultur, Koordination des BGM-Ablaufs.
Freiwillig – und sehr hilfreich!
Partizipation
Was ist Partizipation?
Der Begriff Partizipation steht für zwei recht unterschiedliche Dinge:
- Teilnahme
Im Kontext von BGM würde dieses der Nutzung von BGM-Maßnahmen durch die Beschäftigten entsprechen. - Teilhabe
Teilhabe bedeutet, dass diejenigen, an die sich die Maßnahmen im Rahmen des BGM richten, auch an der Gestaltung der Maßnahmen beteiligt sind und so ihre Ideen, Bedürfnisse und Wünsche einbringen können.
Im Bereich der Gesundheitsförderung und so auch im Fundament des BGM-Hauses ist vor allem die zweite Bedeutung, Partizipation im Sinne von Teilhabe, gemeint.
Warum Partizipation im BGM?
Partizipation ist ein wichtiges Mittel, um die tatsächlichen Bedürfnisse, Risiken und sonstige gesundheitsrelevante Informationen derjenigen zu berücksichtigen, deren Gesundheit durch BGM erhalten und gefördert werden soll (siehe auch: 🠆 Diversität). Zudem kann durch die Einbeziehung von Beschäftigten in der Planung und Umsetzung sichergestellt werden, dass die Maßnahmen an den richtigen Punkten ansetzen und zum Alltag bzw. zu den Arbeitsabläufen der Beschäftigten passen.
Partizipation aller relevanten Personengruppen im BGM hat mehrere Vorteile: Die Motivation, an den (gemeinsam) entwickelten Maßnahmen teilzunehmen, ist höher, da sie an Themen von persönlicher Wichtigkeit orientiert sind. Das führt dazu, dass vor allem partizipativ entwickelte Maßnahmen erfolgreich umgesetzt werden und langfristig funktionieren. Und zuletzt: wird Beschäftigten die Möglichkeit gegeben, ihre Arbeitsumgebung selbst mitzugestalten, fühlen sie sich an ihrem Arbeitsplatz auch wohler, was in der Folge zu einem besseren Betriebsklima führen kann.
Wie?
Idealerweise wird der gesamte Prozess – von der Bedarfsanalyse inkl. der Gefährdungsbeurteilung über die Planung und Umsetzung bis zur Evaluation von BGM-Maßnahmen (🠆 BGM-Zyklus) – partizipativ mit Vertreter:innen aus verschiedenen Bereichen und Ebenen gestaltet. Das heißt von der Bedarfsanalyse inkl. Der Gefährdungsbeurteilung, über die Planung und Umsetzung bis zur Evaluation von BGM-Maßnahmen (🠆 BGM-Zyklus) sollten Beschäftigte einbezogen werden.
Im Rahmen der Bedarfsanalyse können die gesundheitlichen Belastungen, die sich aus einer Beschäftigung ergeben, ermittelt werden. Dies kann beispielsweise durch eine Mitarbeiter:innenbefragung geschehen. Eine höhere Stufe der Teilhabe stellen allerdings Formate wie die Arbeitssituationsanalyse oder Großgruppenverfahren dar. Hierbei wird interaktiv mit den Beschäftigten gemeinsam mögliche Belastungen und Ressourcen ermittelt werden.
Für die Planung konkreter Maßnahmen bieten sich sogenannte Gesundheitszirkel an. Diese können entweder einmalig in Form eines „runden Tisches“ mit Vertreter:innen aus verschiedenen Bereichen und Ebenen zusammenkommen, um ein konkretes Problem aus mehreren Blickwinkeln zu betrachten und Lösungsvorschläge zu erarbeiten („Düsseldorfer Modell“). Oder die Gruppe kommt in regelmäßigen Abständen zusammen, um Maßnahmen zu planen und zu begleiten („Berliner Modell“).
Die Kommunikation bezüglich geplanter Verfahren zur Einführung von Maßnahmen sollte dabei stets direkt mit den Beschäftigten stattfinden. Infoveranstaltungen, Print- oder digitale Medien (🠆 Digitalisierung) können dazu beitragen, den Bekanntheitsgrad von Vorhaben zu erhöhen und Zugriff auf Informationen zu ermöglichen. So kann auch eine Beteiligung an Planungen erleichtert werden. Regelmäßige Möglichkeiten zum Austausch sind ebenfalls wichtig, damit Erwartungen, Ängste und Interessen geäußert und Feedback gegeben werden kann.
Interdisziplinarität
Was ist Interdisziplinarität?
Interdisziplinarität bedeutet, dass bei der Planung, Umsetzung und Auswertung von BGM-Maßnahmen Personen mit unterschiedlichen fachlichen Hintergründen zusammenarbeiten. So können viele wichtige Perspektiven mit einbezogen werden, um ein optimales BGM für den jeweiligen Betrieb auf die Beine zu stellen.
Warum Interdisziplinarität im BGM?
Wie im BGM-Haus erkennbar, setzt sich BGM aus verschiedenen Säulen zusammen, die gut aufeinander abgestimmt sein sollten. Dabei wirken Personen mit verschiedenen Perspektiven mit – zum Beispiel Betriebsärzt:innen, Fachkräfte für Arbeitssicherheit, Psycholog:innen, Führungskräfte, usw. Und die Perspektive der Beschäftigten selbst als letztliche Adressat:innen der Maßnahmen spielt eine essenzielle Rolle.
Wie?
Hilfreich für die gut koordinierte interdisziplinäre Zusammenarbeit kann die Einrichtung einer Steuerungsgruppe oder eines Lenkungsausschusses mit Mitgliedern aus den verschiedenen Bereichen sein. Zu den Aufgaben einer solchen Gruppe gehören in der Regel die Steuerung der Planung, Umsetzung und Evaluation von BGM-Maßnahmen ebenso wie die Sicherstellung der Kommunikation zwischen allen Beteiligten inklusive der Beschäftigten.
Diversität
Was bedeutet Diversität?
Diversität meint Vielfalt der Menschen und den respektvollen und wertschätzenden Umgang damit. Es werden dabei grundlegend sieben Kerndimensionen unterschieden, in denen Menschen unterschiedlich sein können und die sich natürlich gegenseitig auch überschneiden und beeinflussen: Alter, ethnische Herkunft und Nationalität, Geschlecht und geschlechtliche Identität, soziale Herkunft, sexuelle Orientierung, körperliche und geistige Fähigkeiten sowie Religion/Weltanschauung. Das Zusammenwirken dieser Dimensionen ist auch unter dem Begriff „Intersektionalität“ bekannt. Weitere Informationen zu den Kerndimensionen sowie weiteren Dimensionen, die relevant sein können, finden Sie auch auf der Seite der Charta der Vielfalt.
Warum Diversität und BGM?
Auch in jedem einzelnen Betrieb sind in der Regel Menschen verschiedenen Alters, ethnischer Herkunft und Nationalität, Geschlechts und geschlechtlicher Identität, sozialer Herkunft, sexueller Orientierung, körperlicher und geistiger Fähigkeiten sowie Religionen und Weltanschauungen vertreten. Ein BGM, das funktionieren soll, muss auf seine Nutzenden angepasst sein und deswegen auch berücksichtigen, wie unterschiedlich die Menschen sind, denen es helfen soll.
Diversität sollte im BGM dabei insbesondere aus drei Gründen berücksichtigt werden:
- Damit die Maßnahmen des BGM wirksam sind, müssen sie die tatsächlichen gesundheitlichen Bedarfe und Bedürfnisse der Beschäftigten treffen. Die oben genannten Gruppenzugehörigkeiten beeinflussen auch, welche (gesundheitlichen) Bedürfnisse und Wünsche an die Gestaltung des Arbeitsplatzes bestehen. Insbesondere Gruppen mit einem größeren Bedarf an Maßnahmen zur Gesundheitsförderung werden oft nicht gut erreicht und sollten daher besonders in den Blick genommen werden. Je besser ein BGM an die Diversität der Beschäftigten angepasst ist, desto höher sind die Chancen, dass es langfristig funktioniert und möglichst vielen Beteiligten hilft.
- Wenn man an Diversität denkt, sollte ein weiterer Aspekt jedoch nicht vergessen werden: Viele Menschen erleben Diskriminierung aufgrund ihrer Zugehörigkeit bzw. Zuordnung zu bestimmten Gruppen oder Minderheiten. Und Diskriminierung kann die Gesundheit nachhaltig beeinträchtigen. An einem gesundheitsförderlichen Arbeitsplatz ist es darum wichtig, Diskriminierung jeder Art zu vermeiden. Indem ein Bewusstsein dafür bei allen Beschäftigten entwickelt und sich für einen respektvollen Umgang miteinander eingesetzt wird, kann Diskriminierung entgegengewirkt werden.
- Menschen haben aufgrund individueller Merkmale sowie Zugehörigkeit zu verschiedenen Gruppen nicht den gleichen Zugang zu Ressourcen und zu Gesundheitsversorgung. BGM sollte auch dies in den Blick nehmen und möglichst darauf hinwirken, diese Unterschiede auszugleichen.
Wie kann Diversität im BGM berücksichtigt werden?
🠆 Partizipative Methoden können dabei helfen, die gesundheitlichen Bedarfe der Beschäftigten in ihrer ganzen Vielfalt zu erfassen und Maßnahmen zu entwickeln. Um Diskriminierung entgegenzuwirken, bieten sich Trainings zur Aufklärung bzw. Sensibilisierung an. So können gegenseitiges Verständnis, Vertrauen und Respekt gefördert werden. Dies stellt gleichzeitig eine wichtige Voraussetzung für das Gelingen partizipativer Prozesse dar. Denn wenn sich alle wohl und sicher fühlen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sich offen und ehrlich geäußert wird und somit die vielen verschiedenen Stimmen auch wirklich gehört werden können.
Digitalisierung
Was heißt Digitalisierung?
Digitalisierung bedeutet, dass bisher analoge Arbeitsschritte zunehmend durch digitale ersetzt werden. Arbeitsschritte, die bisher von Menschen mit der Hand getätigt wurden, werden zunehmend von Computern und Technik übernommen. Maschinen und Menschen werden vernetzt und Informationen somit „digital“ gespeichert und verfügbar gemacht. Dieser Wandel hat in den letzten Jahren in fast allen Branchen der Arbeitswelt zu beschleunigten und flexibleren Arbeitsprozessen geführt.
Neben diesen Vorteilen kann Digitalisierung aber auch eine Herausforderung darstellen und zu zusätzlichen bzw. geänderten und anderen gesundheitlichen Belastungen führen. Insbesondere im Zuge der Corona-Pandemie und der damit einhergehenden Veränderung des Arbeitsalltags in vielen Bereichen hin zu mehr digitalen Lösungen wurde dies deutlich. Zu den durch digitalen Stress entstehenden Gesundheitsbeschwerden können Kopfschmerzen, Schlafstörungen, allgemeine Mattheit sowie eine körperliche und emotionale Erschöpfung zählen. Im Falle einer (teilweisen) Digitalisierung des Arbeitsplatzes sollten diese Faktoren möglichst von Anfang an auch mit in den Blick genommen werden.
Warum Digitalisierung und BGM?
Computer und Technik können uns dabei helfen, BGM umzusetzen: Jetzt gerade zum Beispiel lesen Sie online einen Artikel über die Grundlagen von BGM. Aber Digitalisierung umfasst noch viel mehr. Schrittzähler, Apps, Online-Angebote und vieles Weiteres können eine wertvolle Unterstützung bei gesundheitlichen Zielen sein. Deswegen lohnt es sich, auch immer digitale Angebote mitzudenken.
Digitale Elemente im BGM bringen dabei verschiedene Vorteile gegenüber analogen Formaten mit sich: Sie sind weniger an eine bestimmte Zeit oder einen Ort gebunden und damit sehr flexibel nutzbar. Zudem kann die Nutzung besser auf die persönlichen Bedürfnisse abgestimmt werden, sodass jede:r nur die für sich persönlich relevanten Angebote und Inhalte nutzt. Schließlich kann auch die Anonymität, beispielsweise bei der Nutzung einer App oder dem Anschauen eines Videos, für manche Beschäftigte die Hürde zur Teilnahme verringern.
Wie kann Digitalisierung im BGM genutzt und berücksichtigt werden?
Durch digitale Angebote kann BGM personalisiert werden. Je nach Arbeitnehmenden können entsprechend verschiedene Angebote entwickelt werden. Diese können dann individuell und flexibel in den Alltag eingebaut werden.
Mögliche Mittel, die bereits Anwendung finden im digitalen Betrieblichen Gesundheitsmanagement (dBGM), sind zum Beispiel folgende: Online-Coaching, Gesundheitsplattformen, Gesundheits-Apps und Wearables.